Ein neues Gesetz der Bundesregierung, das Anfang 2020 in Kraft treten soll, sieht vor, bei jedem Kauf dem Kunden den Bon zu übergeben. Für jede Portion Pommes, für jedes Brötchen und jedes Päckchen Kaugummi.
Für Bäcker-Innungsobermeister Michael Martin wäre das reine Schikane. „Die Ausgabe von Belegen an jeden einzelnen Käufer hält nur auf“, betont der Bäckermeister aus dem Vest. „Vor allem am Samstagmorgen, wenn der Andrang groß ist.“
Doch genau das sieht ein neues Steuergesetz der Bundesregierung vor – schon ab dem 1. Januar 2020 soll der Kassenzettel zur Pflicht werden. Für Jürgen Hinkelmann, Geschäftsführer der Bäckerei Grobe, in Castrop-Rauxel ansässig an der Münsterstraße 4, ist die Bonpflicht sogar der „größte Quatsch aller Zeiten“.
Ein Bon für jede Portion Pommes
Die Neuregelung betrifft nicht nur Bäckereien, sondern grundsätzlich alle Läden mit elektronischem Kassensystem. Auch Eisdielen, Friseure, Fleischer und Kioske usw. müssen dann dem Kunden einen Bon aushändigen.
Die Kassenbon-Pflicht ist Teil der sogenannten Kassensicherungsverordnung, die Steuerbetrug an der Ladenkasse verhindern soll. Demnach sollen Kassen durch eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) fälschungssicher werden.
Das Argument zieht für Michael Martin nicht. „Schon vor wenigen Jahren mussten alle Bäckerläden manipulationssichere Kassen anschaffen, weil damals in der Gastronomie viele Rechnungen nicht registriert und so die Finanzämter betrogen wurden“, erinnert sich der 60-jährige Suderwicher.
Alexander Auffenberg hofft auf Einsicht
Auch der Ickerner Bäckermeister Alexander Auffenberg hält die neue Bon-Pflicht für Nonsens. „Aber wir müssen uns ja dem beugen, was da kommt“, gibt Auffenberg sich schicksalsergeben. Er glaubt aber noch nicht so wirklich, dass die Neuerung tatsächlich umgesetzt wird. „Ich bin noch zuversichtlich, dass das alles noch eingestampft wird“, hofft Auffenberg, der seine Zentrale an der Vinckestraße hat.

Innungs-Obermeister Michael Martin hält die Bon-Verordnung für unausgereifeten „Zettel-Unsinn“. © Gutzeit
Die Umstellung auf Bonpflicht zum 1. Januar wurde bereits aufgeweicht. Ursprünglich sollten alle Kassen bis zum Jahresbeginn 2020 die neuen Vorschriften erfüllen, das Finanzministerium räumte nun aber bereits eine Übergangszeit bis Ende September ein.
„Wer braucht schon diesen Bon“, fragt Auffenberg und ist sich sicher, dass kaum ein Kunde einen Blick auf den Bon werfen wird, für den die Bäckereien künftig in die Tasche greifen sollen. „Die landen im Müll“, mehr nicht, glaubt Auffenberg.
Thermopapier ist nicht umweltfreundlich
Nachhaltig sei das Ganze also auch nicht. Schließlich, so hat es der Bäcker-Verband ausgerechnet, müssten in Deutschland bei rund 61.000 Bäckerfilialen jährlich mehr als fünf Milliarden Kassenzettel gedruckt werden, wenn Bäcker jedem Kunden einen Bon ausdrucken.
Und das auf gesundheitlich umstrittenem Thermopapier. Einfach im Altpapiercontainer entsorgen kann man diese Bons nicht.
Ab 2020 ist die Verwendung von Bisphenol A, kurz BPA, in Thermopapier zwar verboten. Vom Umweltbundesamt bewertete Studien zeigten, dass die Chemikalie bei Fischen und Amphibien die Fortpflanzung und Entwicklung negativ beeinflusst. Gleiche Effekte, so wird vermutet, können beim Menschen auftreten.
Aber auch nach der Umstellung auf BPA-freies Papier wird das beschichtete Thermopapier in den Rest- oder sogar Sondermüll gehören und auf keinen Fall in die Papiertonne.
Online-Bon-Technik noch nicht ausgereift
Zwar darf als Alternative zum Papier-Bon laut Gesetzgeber auch ein Online-Bon an den Kunden verschickt werden. „Aber dieses System ist überhaupt noch nicht ausgereift“, erzählt Alexander Auffenberg. Das neue BPA-freie Thermopapier sei bislang auch noch Mangelware und dürfte das bei der hohen Nachfrage, die ab dem 1. Januar da sein wird, auch lange eine Mangelware bleiben.
Und so sagt auch Obermeister Michael Martin: „Ich hoffe sehr, dass unser Verband diesen Zettel-Unsinn noch abwenden kann.“
1961 geboren. Dortmunder. Jetzt in Castrop-Rauxel. Vater von drei Söhnen. Opa. Blogger. Interessiert sich für viele Themen. Mag Zeitung. Mag Online. Aber keine dicken Bohnen.
