Massen-Quarantäne wegen Virus-Mutation: So ist die Lage im Kreis Unna
Nach dem Nachweis der britischen Variante des Coronavirus bei einem Bauarbeiter in Hamm stehen 80 Bewohner in vier Wohnhäusern unter Quarantäne. Nach Angaben der Stadt Hamm war am Montag ein Montage-Arbeiter bulgarischer Herkunft positiv auf die britische Variante B.1.1.7 getestet worden und befindet sich nun mit seiner Ehefrau und einer weiteren vierköpfigen Familie in häuslicher Isolation.
Bislang wurde die als hochansteckend geltende britische Variante nur bei dem einen Arbeiter nachgewiesen. Weil er aber viele Kontakte zu anderen Arbeitern etwa durch Fahrten zu Baustellen in Kleinbussen hatte, sind insgesamt vier Mehrfamilienhäuser an vier verschiedenen Standorten in Hamm abgeschottet worden.
Weil auch im Kreis Unna immer mehr nachgewiesene Infektionen mit der britischen Variante bekannt werden, hat unsere Redaktion mit dem Kreis über die aktuelle Situation gesprochen – hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie viele nachgewiesene Fälle mit der britischen Corona-Mutation sind dem Kreisgesundheitsamt bisher bekannt und wie verteilen sie sich auf die kreisangehörigen Städte und Gemeinden?
Das Gesundheitsamt weiß von 21 Fällen (Stand Dienstag, 16. Februar, 14.30 Uhr). Die meisten, nämlich acht, sind aus Schwerte bekannt. Weitere Infizierte mit der britischen Variante wohnen in Bergkamen (4), Fröndenberg (3), Kamen (2), Unna (2), Lünen (1) und Selm (1). Aus Werne, Holzwickede und Bönen sind bisher keine Fälle dokumentiert.
Wie bekommt das Gesundheitsamt überhaupt heraus, ob eine Infektion mit der britischen Mutation des Virus vorliegt?
Getestet werden laut Auskunft von Kreissprecher Max Rolke entnommene Proben im Labor auf die Mutation. Die Probenentnahme per Rachenabstrich unterscheidet sich dabei nicht. Positive Proben können nachträglich auf Mutationen getestet werden. Es handelt sich dabei also um eine genauere Analyse der gleichen Proben. Wird in einem Labor dann festgestellt, dass es sich bei einer Infektion um eine Mutation handelt, wird das dem Gesundheitsamt gemeldet.
In Hamm wurden nach dem Bekanntwerden einer Infektion mit der Virusvariante 79 PCR-Tests bei möglichen Kontaktpersonen durchgeführt. Sind Tests in größerem Umfang auch im Kreis Unna geplant?
Das Gesundheitsamt kann entnommene Proben nur anlassbezogen im Rahmen der Nachverfolgung von Kontaktpersonen bei Verdacht auf Mutationen testen lassen, heißt es. Flächendeckende Tests werden nicht durchgeführt. Es sei auch nicht die Aufgabe des Gesundheitsamts, die Verbreitung von Mutationen im Kreisgebiet zu erforschen, so Kreissprecher Rolke. Diese Aufgabe liege beim Land NRW und bei der Bundesregierung. Im Rahmen sogenannter Surveillance- Projekte würden Stichproben von Laboren aus ganz Deutschland untersucht – darunter seien auch Proben aus dem Kreis Unna. So seien die ersten Fälle bekannt geworden.
Was passiert im Falle einer positiven Testung auf die britische Corona-Variante?
Wer mit einer Virus-Variante wie der britischen Mutation infiziert ist, muss zehn Tage in Quarantäne. Eine Entlassung aus der Quarantäne ist erst nach 48-stündiger Symptomfreiheit sowie einem weiteren negativen Test möglich.
Was geschieht mit den Kontaktpersonen der Betroffenen? Werden diese ebenfalls auf die Mutante getestet?
Für Kontaktpersonen gilt: Die Quarantäne von 14 Tagen kann – anders als bei „normalen“ Corona-Infektionen – nicht verkürzt werden. Dabei halte sich das Gesundheitsamt an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Das Gesundheitsamt kann bei Kontaktpersonen anlassbezogen entnommene Proben auf Mutationen testen lassen.
Bei Kontakten erster Kategorie etwa liegt ein solcher Anlass vor: Entnommene Proben von Kontaktpersonen würden in der Regel stichprobenartig auf Mutationen getestet, heißt es.
Sind Maßnahmen wie die aktuelle in Hamm auch im Kreis Unna geplant, wenn weitere Mutationsfälle bekannt werden?
Aktuell gebe es dazu keinen Anlass, so das Gesundheitsamt. Denkbar sei das aber. Denn: Kontaktpersonen nachzuverfolgen, Quarantänen auszusprechen und Reihentestungen durchzuführen sei selbstverständliche und grundlegende Arbeit des Gesundheitsamtes. Das gelte für Infektionen mit dem Wildtyp des Coronavirus ebenso wie für Infektionen mit einer Mutation.
Nur wenn Infektionsketten schnellstmöglich durchbrochen würden, sei die weitere Ausbreitung von Coronaviren jeder Art zu verhindern.