Impfstoff-Mangel: Lange Wartezeiten auf Termine für Über-80-Jährige

Das Land NRW sendet Briefe an Über-80-Jährige, in denen steht, wo und wie sie sich impfen lassen können.
Das Land NRW sendet Briefe an Über-80-Jährige, in denen steht, wo und wie sie sich impfen lassen können. © picture alliance/dpa
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NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hofft auf eine rasche Zulassung des Impfstoffes von Astrazeneca, um die Corona-Impfungen in Nordrhein-Westfalen beschleunigen zu können. Im Gesundheitsausschuss des Landtags rechtfertigte Laumann am Donnerstag die NRW-Impfstrategie, zunächst nur Bewohner von Altenheimen zu impfen und nicht schon zeitgleich Impfzentren zu öffnen und auch Krankenhauspersonal zu impfen. „Es macht keinen Sinn, mit wenig Impfstoff an drei Fronten gleichzeitig zu impfen.“

Bis zum Samstag werden nach Angaben des Ministers rund 140 000 Menschen in NRW-Altenheimen gegen das Coronavirus geimpft sein. In den kommenden acht Wochen würden wöchentlich 85 000 Menschen im Land geimpft. Die Dosen pro Ampulle könnten zudem von fünf auf sechs erhöht werden. In den Altenheimen in NRW leben rund 175 000 Menschen. Hinzu kommt aber noch eine etwa gleich hohe Zahl an Pflegepersonal, denen ebenfalls ein Impfangebot gemacht wird. „Es könnte schneller laufen“, räumte Laumann ein.

Laumann wartet sehnsüchtig auf Zulassung von Astrazeneca

Ab dem 18. Januar bietet das Land Corona-Schutzimpfungen auch für rund 90 000 Beschäftigte in Krankenhäusern an. Ab dem Zeitpunkt sollen auch an die Über-80-Jährigen im Land Briefe geschickt werden mit Erklärungen, wo und wie sie sich impfen lassen können. Dabei handelt es sich um rund eine Million Menschen. Laumann machte klar, dass nicht alle gleich zu Beginn einen Impftermin bekommen könnten. Das könne bis zu zehn Wochen dauern. Als Ziel hat das Ministerium angepeilt, bis Mitte oder Ende April die Menschen über 80 Jahre geimpft zu haben.

Grund für das schleppende Tempo sei, dass derzeit die Impfdosen noch knapp seien, da bislang nur der Impfstoff von Biontech/Pfizer verfügbar sei, sagte Laumann. Mit dem noch nicht zugelassenen Impfstoff von Astrazeneca könnten dagegen auch Menschen zu Hause aufgesucht und geimpft werden. „Ich warte sehnsüchtig auf die Zulassung“, sagte Laumann. Deutschland habe 50 bis 60 Millionen Dosen bestellt, davon werde NRW etwa ein Viertel bekommen. 6,3 Millionen Menschen könnten allein in NRW damit geimpft werden.

Kommunen müssen sich bei Maßnahmen mit Ministerium abstimmen

Vom bereits in der EU zugelassenen Moderna-Impfstoff bekomme NRW dagegen nur eine kleinere Menge, die eher in Krankenhäusern verabreicht werden könne. Bei der gefürchteten Beschränkung des Bewegungsradius für Menschen in extremen Corona-Hotspots machte Laumann Hoffnung, dass diese kaum angewendet werden müsse. Die 15-Kilometer-Regel für Einwohner in extremen Corona-Hotspots müsse zunächst noch in keiner Kommune Nordrhein-Westfalens scharf geschaltet werden.

Laumann korrigierte zwar seine Aussage, dass am Donnerstag keine Kommune über dem kritischen Grenzwert von mehr als 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen liege – der Kreis Höxter wies laut Robert Koch-Institut eine 7-Tage-Inzidenz knapp über 200 auf. Aber die neue Corona-Schutzverordnung, die am Montag in Kraft treten solle, sehe keinen Automatismus vor, so Laumann. Wie bei Ausgangsbeschränkungen in Hotspots müsse eine betroffene Kommune auch bei der 15-Kilometer-Regel sich zunächst mit dem Ministerium abstimmen. Laumann äußerte sich skeptisch, dass die Regel überhaupt kontrolliert werden könne.

Inzidenzwert im Kreis Höxter am höchsten

Die SPD-Opposition kritisierte, dass die Landesregierung zwar viele Ankündigungen mache, aber den Menschen die Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie zu wenig kommuniziere. Gerade im Gesundheitsbereich gebe es „ein massives Misstrauen„ gegen die Impfungen, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Josef Neumann. „Das muss man ernst nehmen und Vertrauen aufbauen.“

In NRW wurden laut Robert Koch-Institut (RKI) am Donnerstag 6043 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Außerdem wurden 261 neue Todesfälle verzeichnet. Die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz lag bei 116,6. Am höchsten war sie im Kreis Höxter mit 201,8. Eine Interpretation der Daten bleibt aber schwierig, weil um Weihnachten und den Jahreswechsel Corona-Fälle verzögert entdeckt, erfasst und übermittelt wurden.

Eine bedrohliche Lage bei den Intensivbetten-Kapazitäten sah Laumann in NRW nicht. Jeder Mensch, der ein Intensivbett brauche, könne „optimal“ in seiner Region versorgt werden. Mit Stand Donnerstag lagen 1087 Covid-19-Patienten in NRW-Krankenhäusern auf Intensivstationen. 758 von ihnen wurden beatmet. 600 Betten mit Beatmung waren noch verfügbar. In Arnsberg waren nach Angaben des Ministeriums noch etwa 12 Prozent der Beatmungsplätze frei, in Münster 18 Prozent, in Köln dagegen nur etwa 6 Prozent. Trotzdem sei die Lage „im Griff zu behalten“, hieß es.

dpa