Streit um Großauftrag der NRW-Regierung: Andere Unternehmen bekamen keine Rückmeldung

Die nordrhein-westfälische Polizei hat bei der Modefirma van Laack zwei Mal je 1,25 Millionen Stoffmasken für je zwei Millionen Euro Brutto bestellt. Das Gesundheitsamt bestellte jedoch nur Material für Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. © picture alliance/dpa
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Im Streit über einen Millionen-Auftrag für die Modefirma van Laack über Corona-Schutzausrüstung hat die nordrhein-westfälische Landesregierung neue Vorwürfe der Opposition zurückgewiesen.

Sowohl Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) als auch weitere Regierungsmitglieder hätten persönlich Gespräche mit mehreren Unternehmen geführt, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei am Freitag. Dies habe Laschet auch nach der Kabinettssitzung am Dienstag erläutert.

Unmittelbar nach dem Erstkontakt seien alle eingehenden Angebote zur Prüfung an eine dafür eingerichtete zentrale Stelle im Gesundheitsministerium weitergeleitet worden. Sämtliche Angebote seien von der Prüfstelle auf ihre Tauglichkeit geprüft worden. Auch die Auswahl sei über diese Stelle erfolgt.

Das NRW-Gesundheitsministerium hat jetzt eine Liste aller 40 Bestellungen für Schutzausrüstung in der Corona-Pandemie publik gemacht. Die Aufträge hatten demnach einen Gesamtwert von fast einer halbe Milliarde Euro. Die umstrittene Order bei van Laack hatte dabei einen Anteil von 45,4 Millionen Euro. Das geht aus einer Auflistung hervor, die das Ministerium der Deutschen Presse-Agentur zur Verfügung gestellt hat.

Der Aufstellung ist zu entnehmen, dass der van Laack-Auftrag (10 Millionen Kittel) mit seinem Wert der zweithöchste war. Mit 170,83 Millionen Euro war eine Bestellung von 30 Millionen medizinischen FFP2- und KN95-Masken bei einem anderen Unternehmen die kostspieligste.

Das Gesundheitsministerium hat im Laufe der Corona-Pandemie nach eigenen Angaben über 7000 Angebote über persönliche Schutzausrüstung wie Kittel oder Masken bekommen und ausgewertet. „Die Herausforderung bestand somit darin, aus der Vielzahl von Angeboten seriöse, qualitativ hochwertige und wirtschaftlich sinnvolle Angebote auszuwählen“, so ein Sprecher. Stoffmasken, wie sie van Laack der NRW-Polizei lieferte, habe das Gesundheitsministerium zu keiner Zeit gekauft. Es sei primär um die Versorgung von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen gegangen.

SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty hatte am Vortag berichtet, mehrere Firmen aus NRW hätten auf ihre Angebote keine Antwort der Landesregierung bekommen. Die SPD befürchtet, dass sie benachteiligt worden sein könnten und verlangt Aufklärung über das Zustandekommen des Auftrags der NRW-Regierung an van Laack über Schutzkittel im Wert von 38,5 Millionen Euro im April. Den Kontakt hatte Laschets Sohn Joe, ein Mode-Blogger, hergestellt. Laschet hatte den Vorstandschef daraufhin nach eigenen Angaben selber angerufen.

Staatskanzlei: Alle Angebote an das Gesundheitsamt weiter geleitet

Unmittelbar nach dem Erstkontakt seien alle eingehenden Angebote für Schutzausrüstung-Lieferungen zur Prüfung an eine dafür eingerichtete zentrale Stelle im Gesundheitsministerium weitergeleitet worden, sagte der Sprecher der Staatskanzlei. Sämtliche Offerten seien von der Prüfstelle auf ihre Tauglichkeit geprüft worden. Auch die Auswahl sei über diese Stelle erfolgt.

Auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle im März waren Schutzkleidung und -masken auf dem Weltmarkt Mangelware. Die Landesregierung hatte nach Angaben der Staatskanzlei in der Zeit Kontakt zu Unternehmen aus ganz Deutschland gesucht, um Abhilfe zu schaffen.

Herner Geschäftsmann erhielt nur eine automatische Mail

Der Geschäftsführer des Herner Textilunternehmens B.M. Company, Stephan Bisping, sagte der Deutschen Presse-Agentur, auf sein konkretes Angebot am 27. März habe er nur eine automatische Mail des Ministeriums mit dem Hinweis erhalten, dass aufgrund der zahlreichen Anträge nicht zeitnah geantwortet werden könne. Zu gegebener Zeit werde man unaufgefordert auf das Unternehmen zurückkommen. Seitdem sei keine weitere Nachricht mehr gekommen. Zuerst hatte die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ darüber berichtet.

Auch ein Unternehmen aus Mönchengladbach hatte nach eigenen Angaben auf sein Angebot, monatlich 80.000 Stoffmasken zu produzieren, keine Antwort mehr erhalten. Das bestätigte das Unternehmen der dpa. Allerdings war die Landesregierung nach dpa-Informationen im Frühjahr gar nicht auf der Suche nach Stoffmasken, sondern nach medizinischen Masken. Bei van Laack hatte die NRW-Landespolizei später dann zwei Mal je 1,25 Millionen waschbare Stoffmasken für insgesamt vier Millionen Euro bei van Laack bestellt. Bei dem ersten Auftrag über 38,5 Millionen Euro ging es demnach aber nur um Schutzkittel.

10 Millionen Schutzkittel bei van Laack in Auftrag gegeben

Seit Beginn der Corona-Pandemie hatte das NRW-Gesundheitsministerium im Frühjahr Schutzausrüstung etwa für Pflegeheime und Krankenhäuser beschafft. Anfang Juni hatte Minister Karl-Josef Laumann (CDU) bei einem Pressetermin den Firmen Evonik und van Laack für zwei Großlieferungen öffentlich gedankt. Die Landesregierung hatte laut Pressemitteilung vom Juni auf Vermittlung von Evonik Industries 30 Millionen Schutzmasken bei zwei Unternehmen bestellt. Zum anderen wurden bei dem Mönchengladbacher Textilunternehmen van Laack 10 Millionen Schutzkittel in Auftrag gegeben.

Im April hatte die Landesregierung auch einen Millionen-Auftrag an den Bielefelder Automobilzulieferer DFA über rund 29 Millionen Masken im Wert von rund 17 Millionen Euro vergeben.

dpa

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