Wenn der Lebensretter fehlt Blutspendedienste in NRW kämpfen um junge Leute

Eine Schwester nimmt von einem Spender Blut ab
Insgesamt spenden weniger als drei Prozent der Menschen in Deutschland regelmäßig Blut. © picture alliance/dpa
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Wenn Krankenhäuser Blutkonserven ordern, dann kämpfen Patienten oft mit dem Tod. Doch die Lager der Blutspendedienste waren zuletzt immer wieder gefährlich leer. In den Ballungsräumen an Rhein und Ruhr war die Lage zuletzt oft besonders schlecht.

Die Bereitschaft zur Blutspende sinkt seit Jahren – gerade die junge Generation sei schwer zu erreichen, sagen Fachleute. „Wir steuern da wirklich auf einen kritischen Punkt zu“, warnt Patric Nohe vom Deutschen Roten Kreuz (DRK).

Beim Weltblutspendetag am kommenden Mittwoch (14. Juni) stehen deshalb die jungen Leute im Fokus – mit Kampagnen in den sozialen Netzwerken. Denn Blut lässt sich in der Medizin bislang durch nichts ersetzen. „Ohne Blut hätten jeden Tag mehrere Tausend Menschen in Deutschland keinerlei Überlebenschance“, betont Nohe.

In der Generation der Babyboomer habe es noch viele treue Spender gegeben, die vier, fünf oder sogar sechsmal im Jahr einen halben Liter Blut gespendet hätten. Doch diese Generation wird älter. Zwar gibt es seit März keine strikte Altersgrenze mehr, die Senioren von der Blutspende ausschließt.

Aber viele Ältere hätten eben Krankheiten, bräuchten Medikamente – und seien deshalb als Spender nicht geeignet. „Aus treuen Blutspendern werden plötzlich Blutempfänger“, sagt Nohe.

Keine Alternative zum Spenderblut

Damit das System auch in Zukunft funktionieren kann, müssten dringend mehr junge Menschen zu regelmäßigen Blutspendern werden, mahnen Experten. Dass der Generationenwechsel gelingt, ist letztlich eine Frage von Leben und Tod.

Denn für Unfallopfer und Krebspatienten werde es noch lange Zeit keine Alternative zum Spenderblut geben, betont Professor Holger Hackstein, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie.

Zwar werde seit Jahrzehnten versucht, die lebenswichtigen Blutbestandteile im Labor herzustellen. Aber es sei „komplett unrealistisch“, sich davon in absehbarer Zeit eine Entlastung für die Patientenversorgung zu erwarten, sagt Hackstein. „Unser Blut hat die Natur schon auf eine einzigartige Weise hinbekommen.“

Also müssen neue Blutspender gefunden werden. Vor allem junge Menschen. Doch das gelingt viel zu selten. Es sei gar nicht so, dass junge Leute nie zum Blutspenden kämen. „Wenn wir warnen, dass die Situation schwierig wird, dann erleben wir eine große Welle der Solidarität – das funktioniert zum Glück“, sagt Nohe.

Aber viele junge Menschen kämen dann nur einmal und nicht regelmäßig. Deshalb sind nach den letzten Hilferufen zum Jahreswechsel die Blutspendelager im Moment auch gut gefüllt – aber der nächste Engpass zum Ende der Sommerferien ist schon in Sichtweite.

Promis werben für Blutspenden

Das DRK als mit Abstand größter Blutspendedienst in Deutschland erzählt in den sozialen Netzwerken Geschichten von jungen Menschen, denen die Blutspende das Leben gerettet hat.

Zum Weltblutspendetag hat das DRK Promis wie Motsi Mabuse, Laura Wontorra und Mats Hummels gewonnen, die bei ihren Texten in den sozialen Netzwerken auf die Buchstaben A, B und O verzichten wollen – für die Blutgruppen A, B, und 0. Der Slogan dazu: „Erst wenn’s fehlt, fällt’s auf.“

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung informiert (BZgA) über die Voraussetzungen und den Ablauf einer Blutspende – und wie aus dem Blut verschiedene Produkte für Unfallopfer und Krebspatienten werden.

Die Blutspendedienste arbeiten auch daran, die Spender zu informieren, wenn ihr Blut einen Patienten erreicht hat. „Ich will ja gerne sehen, was mit meinem Blut passiert ist“, sagt Transfusionsmediziner Hackstein. So eine Information mache den Nutzen der Blutspende anschaulich.

Weniger als drei Prozent spenden regelmäßig Blut

Insgesamt spenden weniger als drei Prozent der Menschen in Deutschland regelmäßig Blut. In den großen Ballungsräumen an Rhein und Ruhr ist der Anteil noch einmal deutlich niedriger als auf dem Land. Zum Jahreswechsel war es so schlimm, dass die Krankenhäuser vom Blutspendedienst West als größtem Versorger für Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland spürbar weniger Blutkonserven geliefert bekamen als sie benötigten.

Schon in den kommenden Wochen könnte es wieder einen akuten Engpass geben, wenn viele Spender im Urlaub sind oder lieber ins Freibad gehen. „Wir sehen schon jetzt, dass die Reservierungen für die nächsten Blutspendetermine im Sommer zurückgehen“, sagte der Sprecher des Blutspendedienstes West, Stephan David Küpper.

Wer gesundheitlich in der Lage sei, solle unbedingt zum Blutspenden gehen, appelliert etwa BZgA-Direktor Martin Dietrich. Alle fürchteten eine Notlage wie im vergangenen Jahr, als Krankenhäuser etwa in Nordrhein-Westfalen nicht mehr in vollem Umfang mit den benötigten Blutkonserven beliefert werden konnten. Dietrich betont: „Wir alle können in eine Situation kommen, in der wir auf Blutprodukte angewiesen sind.“

dpa

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