Er trickste und zauberte auf dem grünen Rasen, dass es eine wahre Pracht war. Zu seinen Lieblingsgegnern gehörte ein gewisser Berti Vogts, Kategorie: eisenharter Verteidiger von Borussia Mönchengladbach. Weltmeister, Europameister, mehrfacher Deutscher Meister, Europapokalsieger, und, und, und. „Der Berti schaute nicht, wie es gegen mich richtig gewesen wäre, auf den Ball, sondern auf meinen Körper. Er versuchte, meine Bewegungen mitzumachen, und wurde dann ein Opfer meiner Körpertäuschungen.“
BVB-Legende Willi „Ente“ Lippens feiert Geburtstag
Der Mann, der derart entspannt und souverän über seine Zweikämpfe mit einem der besten Abwehrspieler der Welt sprach, wurde auf den Namen Willi Lippens getauft, von den Fußballfans und Sportreportern landauf, landab aber nur „Ente“ Lippens gerufen. Am 10. November 2020, wird die berühmteste Fußball-Ente der Welt 75 Jahre alt.
Sein Spitzname rührt von seinem unnachahmlichen Watschelgang bzw. -Lauf her, der ganz signifikant an eine Ente gemahnte. Er gehört gemeinsam mit den Torhütern Petar Radenkovic und Sepp Maier zu der so gut wie ausgestorbenen Spezies der Entertainer auf dem grünen Rasen. Fußball mit Humor wurde von ihm geradezu zelebriert. Auch „im richtigen Leben“ war er voller Witz und Schalk – eben einer, der das Leben liebt, aber nicht in jeder Beziehung tierisch ernst nimmt.
Lippens eroberte Herzen der BVB-Fans nicht sofort
Als der gebürtige Holländer – ein Länderspiel für die Niederlande steht in seiner Bilanz – nach dem Bundesligaaufstieg des BVB 1976 von Rot-Weiß Essen nach Dortmund kam, flogen ihm die Herzen der Fans nicht sogleich im Sturme zu. Immerhin war der Ballvirtuose mittlerweile 30 Jahre alt und vielleicht für die Bundesliga etwas zu alt.
Otto Rehhagel, damals der Trainer der Borussen und entschiedener Verfechter der Lippens-Verpflichtung, hatte auf derartige Argumente eine treffliche Antwort parat: „Für mich gibt es keine jungen und keine alten Spieler, für mich gibt es nur gute und schlechte. Und Willi Lippens ist ein guter. Ein sehr guter sogar!“ Rehhagel vertraute auf Lippens große Erfahrung, auf seine außergewöhnliche, ja, einmalige Spielkunst und auf seinen immer noch vorhandenen Torriecher.
BVB-Coach Rehhagel setzt auf „Ente“ Lippens
Und der BVB-Coach hatte recht. Fast kann man von einem Glückslos sprechen, das die Borussia mit der Verpflichtung der „Ente aus Essen“ gezogen hatte. Und das für gerade einmal 50.000 DM, die sich der gewitzte Linksaußen in seinem Vertrag als Ablösesumme hatte festschreiben lassen.
Für Willi Lippens war das Westfalenstadion mit seiner imposanten Kulisse – allein in der Saison 1976/77 kamen im Schnitt 44.500 Besucher (Bundesligarekord) – die Bühne schlechthin, um seine Spielkunst in den 74 Bundesligaeinsätzen für die Borussen in allen ihren Facetten „künstlerisch wertvoll“ auszuleben.
BVB-Legende Willi „Ente“ Lippens: Der Alleskönner
Nicht nur mit dem Fußball konnte er vorzüglich umgehen. Als der BVB 1977 nach der erfolgreichen ersten Bundesligaspielzeit nach dem Wiederaufstieg eine kleine Saisonabschlussfahrt nach Benidorm machte, animierte ihn der damalige BVB-Vize Wolfgang Polak zu einer Tennispartie. Die „Ente“ – ohne jegliche Erfahrung in diesem Spiel – schnappte sich ein Rackett und agierte „aus dem Stand“ höchst gekonnt und ähnlich trickreich wie beim Fußball. Ein filigranes Händchen für Ballspiele aller Art entsprach eben seinem Naturell.
Willi Lippens blieb bis 1979 beim BVB. Zuletzt hatte er mit ziemlichem Verletzungspech zu kämpfen. Nach seiner Dortmunder Zeit zog es ihn wieder zurück zu den Essener Rot-Weißen, wo er noch zwei Jährchen in der zweiten Liga kickte.
Willi „Ente“ Lippens – der Schelm im BVB-Trikot
Privat wurde Lippens ein durchaus erfolgreicher Geschäftsmann, Der passionierte Angler lebt heute auf seinem schmucken Gasthof „Mitten im Pott“ an der idyllischen Ruhr in den „Tropen“, wie Bruno Knust trefflich sagen würde, in Bottrop nämlich. Er ist grau geworden, der ewige Schelm, aber immer noch bestens in Schuss. Und eine Anekdote darf mit Sicherheit auch an dieser Stellen nicht ausbleiben. In einem Regionalliga-Spiel 1965 gegen Herne antwortete er auf die Aussage des Unparteiischen „Herr Lippens, ich verwarne Ihnen“ mit den Worten „Herr Schiedsrichter, ich danke Sie“, worauf ihn der Mann in schwarz kurzerhand wegen Beleidigung vom Platz stellte.
In diesem Sinne: Herr Lippens, wir gratulieren Sie!