Impfpannen: Wie schlimm ist eine Impfung mit abgelaufenem Impfstoff?

Viele tausende Menschen sind in den vergangenen Tagen mit einem abgelaufenen Corona-Impfstoff geimpft worden. (Symbolbild)
Viele tausende Menschen sind in den vergangenen Tagen mit einem abgelaufenen Corona-Impfstoff geimpft worden. (Symbolbild) © picture alliance/dpa
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In den ersten Wochen des neuen Jahres ist es zu Impfpannen in Deutschland gekommen. Dabei wurde unter anderem in Dorsten, Köln, Hannover und Ebersberg (Oberbayern) bereits abgelaufener Covid-19-Impfstoff von Moderna sowie Biontech verimpft. In Dorsten waren 175 Menschen betroffen, in Hannover rund 3000 Menschen, in Oberbayern rund 1800 und in Köln 2000.

Wieso laufen Impfstoffe ab?

Die vom Bund bestellten Impfstoffe werden deutschlandweit etwa an Impfzentren, mobile Teams, Arztpraxen, Apotheken und den öffentlichen Gesundheitsdienst verteilt. Ihnen obliegt „die sachgemäße Verwendung und Handhabung“ der Impfstoffe, wie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf Anfrage mitteilt.

Und dafür gibt es strenge Vorgaben von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA): Moderna ist beispielsweise bei –25 ºC bis 15 ºC ungeöffnet neun Monate haltbar. Im Kühlschrank kann das Vakzin ungeöffnet 30 Tage aufbewahrt werden, sobald es nicht mehr gekühlt ist (8–25°C) lediglich 24 Stunden. Sobald das Vakzinfläschchen jedoch geöffnet ist, sollte der Impfstoff am besten sofort, spätestens aber innerhalb von 19 Stunden verbraucht werden.

Für Biontech gelten strengere Regeln, beispielsweise muss der Impfstoff deutlich kühler, bei –90 °C bis –60 °C, gelagert werden, um neun Monate haltbar zu sein. Wird er wärmer gelagert, verkürzt sich auch die Haltbarkeit. Die Vorgaben zur Lagerung werden von der EMA kontinuierlich angepasst. So sollte Biontech lange nur sechs Monate gelagert werden, im vergangenen Herbst wurde die Haltbarkeit auf neun Monate erhöht.

Wie kann es passieren, dass überlagerte Impfstoffe verwendet werden?

Die Haltbarkeitszeit der Impfstoffe hängt von der Lagertemperatur ab. Je wärmer sie gelagert werden, desto schneller müssen sie verbraucht werden. Aufgetaute Impfstoffe dürfen nicht wieder eingefroren werden, die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden. Ist das Verfallsdatum überschritten, sollen die Impfstoffe laut BMG vernichtet werden.

Dass das in Köln, Oberbayern und Hannover nicht passiert ist, ist offenbar auf Missverständnisse bezüglich des Auftauzeitpunkts der Impfstoffe zurückzuführen. In Oberbayern hätten zwei Beschäftigte eine Dienstanweisung nicht korrekt ausgeführt, berichtet das ZDF. In Köln sei bei der Einlagerung des Impfstoffs ein Vermerk im Übergabeprotokoll übersehen worden, so der WDR.

Und auch in Hannover hätte es bei der Übergabe des Impfstoffs an die Johanniter-Unfallhilfe ein Missverständnis über den Zeitpunkt des Auftauens der Charge gegeben, berichtet die „HAZ“. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien davon ausgegangen, dass der Impfstoff erst am Tag der Übergabe aufgetaut wurde – tatsächlich wurde er aber schon seit Anfang Dezember bei Kühlschranktemperaturen gelagert.

Ist es gesundheitsschädlich, mit einem überlagerten Impfstoff geimpft zu werden?

In Hannover sollen rund 3000 Menschen mit einem drei bis neun Tage überlagerten Impfstoff von Moderna geimpft worden sein. Ein Gesundheitsrisiko soll – laut der Region Hannover – nicht bestehen. Auch die Stadt Köln und die Betreiber des betroffenen Impfzentrums in Oberbayern schlossen gesundheitliche Schäden für die rund 4000 Betroffenen aus.

Schützt ein abgelaufener Impfstoff genauso gut vor einer Corona-Infektion?

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein überlagerter Impfstoff weniger gut vor einer Corona-Infektion schützt. Ein Komplettverlust des Wirkstoffs könne aber ausgeschlossen werden. Das gab das Paul-Ehrlich-Institut gegenüber dem ZDF an.

Wirksamkeitseinbußen könnten aber durch die Zweitimpfung oder eine zeitnahe Booster-Impfung ausgeglichen werden. Wer in Oberbayern zweitgeimpft wurde, solle sich allerdings bereits nach drei Monaten boostern lassen. Die „HAZ“ legt Menschen, die eine Drittimpfung mit überlagertem Vakzin erhalten haben, zudem nahe, sich nach vier bis zwölf Wochen und „individueller Rücksprache mit dem Impfarzt“ vorsichtshalber erneut boostern lassen.

Auch die Stadt Köln empfiehlt Zweitgeimpften, sich nach drei Monaten boostern zu lassen, und Drittgeimpften, sich frühestens nach vier Wochen und spätestens nach drei Monaten erneut impfen zu lassen.

Der Artikel "Impfpannen: Wie schlimm ist eine Impfung mit abgelaufenem Impfstoff?" stammt von unserem Partner, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland