Brandenburg, Sachsen und auch erste Kommunen in Bayern wollen oder müssen die Corona-Impfungen in den Impfzentren und Krankenhäusern wegen des Lieferverzugs beim Impfstoff von Biontech und Pfizer vorübergehend herunterfahren. „Wir wissen heute nicht, wie viele Impfstoffdosen Brandenburg in den nächsten Wochen tatsächlich erhalten wird“, sagte etwa Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Sonntag. „Deshalb müssen wir die Impfgeschwindigkeit in den Krankenhäusern und in den Impfzentren vorübergehend deutlich drosseln.“
Sie betonte aber: „In Pflegeheimen wird weiter geimpft.“ Das habe weiter höchste Priorität. Außerdem sollten alle, die schon eine erste Corona-Impfung bekommen hätten, auch die zweite Dosis erhalten – das werde abgesichert.
Über die Hotline 116 117 könnten aber zunächst keine neuen Impf-Termine vergeben werden, sagte die Ministerin. Ob schon vergebene Termine für Erstimpfungen in den Impfzentren verschoben und die Eröffnungstermine neuer Zentren geändert werden müssten, werde sich voraussichtlich am Montag klären. Bis möglichst Ende Februar sind 18 statt früher 11 Impfzentren geplant, in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt.
Brandenburg rechnet mit „massiven Problemen“
Der Hersteller Biontech und sein US-Partner Pfizer hatten angekündigt, die Zahl ausgelieferter Impfdosen vorübergehend zu verringern und später mehr auszuliefern. Ursache dafür ist, dass der Impfstoffhersteller Pfizer die Produktion in Belgien erhöhen will. Deswegen wird laut Unternehmen die dortige Fabrik umgebaut – was zunächst zu einer Reduzierung der Lieferungen führt, bevor die Produktion ausgeweitet werden kann.
„Das stellt uns vor massive Probleme“, sagte Nonnemacher. Am Montag werden laut Ministerium die nächsten 19.500 Impfdosen erwartet, die Lieferung von 78.000 Impfdosen bis Mitte Februar sei aber ungewiss. Bisher haben 38.500 Brandenburger eine erste Corona-Impfung erhalten. Brandenburg liege damit bei Impfungen pro 1000 Einwohner im Ländervergleich über dem Bundesdurchschnitt. Geplant ist, dass bis Mitte Februar alle Pflegeheimbewohner geimpft sind – und bis zum Sommer möglichst 60 bis 70 Prozent der Brandenburger Bevölkerung von rund 2,5 Millionen.
Sachsen setzt Terminvergabe aus
Ähnlich sieht die Situation auch in Sachsen aus: Wer einen Impftermin vereinbaren möchte, braucht weiterhin Geduld. Weder online noch telefonisch sei eine Vereinbarung ab Montag möglich, sagte Kai Kranich vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Auch Kranich gibt den Lieferengpass des Impfstoff-Herstellers Biontech-Pfizer als Grund aus. „Wir können leider nur so viele Termine vergeben, wie wir auch Impfstoff haben.“ Nun müsse man erst einmal abwarten, wie sich die Situation entwickle.
Bisher wurden rund 9000 Impftermine über das Online-Buchungsportal vergeben. Diese könnten in der kommenden Woche abgesichert werden, betonte Kranich. Für übernächste Woche allerdings könnten wegen des fehlenden Impfstoffes keine Termine in den Impfzentren angeboten werden. Am Montag (18. Januar) sollte die Telefonhotline mit der Vergabe von Terminen starten – ohnehin später als geplant.
Die Wiederholungsimpfung allerdings wird, wie auch in Brandenburg, garantiert, weil Sachsen die Hälfte der ankommenden Dosen zurückgehalten hat. Das gilt für Menschen, die seit dem 27. Dezember bereits geimpft wurden, sowie für jene, die schon einen Termin für die nächsten Tage haben.
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) liegt die Impfquote in Sachsen inzwischen bei 10,7 pro 1000 Einwohner (Stand Samstag) – und hinkt damit im Vergleich zu anderen Bundesländern weiter hinterher. Bisher bekamen knapp 43.500 Menschen eine Schutzimpfung – mit rund 34.400 waren die meisten Beschäftigte aus dem medizinischen Bereich.
Bayerische Kommunen sagen geplante Impftermine ab
Anhaltenden Ärger angesichts der Verspätungen bei der Auslieferung des Corona-Impfstoffs gibt es auch in etlichen bayerischen Kommunen. Am Wochenende beschwerte sich etwa die mittelfränkische Stadt Schwabach und sagte sämtliche für die kommende Woche geplanten Impftermine ab. „Wir würden uns sehr wünschen, dass die Versorgung mit Impfstoff mittlerweile fast vier Wochen nach Impfstart eine gewisse Verlässlichkeit erreicht“, kritisierte Oberbürgermeister Peter Reiß (SPD).
Offizielle Stellungnahmen von Bund, EU-Kommission oder Staatsregierung zum Ausmaß des Impfstoffmangels gab es am Wochenende noch nicht. Dem Vernehmen nach fürchtet die Staatsregierung, dass in den nächsten Tagen 40 bis 50 Prozent des zugesagten Impfstoffs zunächst ausbleiben könnten – gewiss ist dies aber nicht. Laut Gesundheitsministerium in München sollte Bayern eigentlich gut 100.000 Impfdosen pro Woche erhalten.
RND